Seit 2016 fahre ich regelmäßig in die Pfalz zum “Marathon Deutsche Weinstraße” und laufe dort einen Halbmarathon. Gut, regelmäßig klingt jetzt nach mehr, als es ist. Der Lauf findet nur alle zwei Jahre statt. 2016 und 2018 bin ich mitgelaufen, 2020 fiel das Event, wie alles andere auch, Corona-bedingt aus und 2022 musste ich selbst aufgrund einer Corona-Erkrankung passen. Daher hat es nun doch sechs Jahre gedauert, bis ich endlich wieder mal an der Weinstraße gelaufen bin.
Der Lauf fand am Sonntag, 7. April 2024 statt, also an dem Tag, an dem auch der Paris-Marathon und der Berlin-Halbmarathon ausgerichtet wurden. Start und Ziel ist in Bockenheim an der Weinstraße. Angeboten werden ein Halbmarathon, ein Marathon und ein Duo-Marathon. Bei dem Duo-Marathon teilen sich zwei LäuferInnen die Marathonstrecke. Der Starter läuft die erste Hälfte des Marathons und wird dann an einem Wechselpunkt von dem Laufpartner abgelöst. Alle Wettbewerbe starten zur gleichen Zeit. Rund 2.500 Teilnehmer starteten dieses Jahr, die meisten beim Halbmarathon.
Bockenheim ist ein kleiner Weinort. Parkplätze gibt es dort so gut wie gar nicht. Dafür sind Shuttle-Busse eingerichtet, die die LäuferInnen von zwei Gewerbegebieten mit großen Parkplätzen in den Nachbarstädten abholen und zum Start transportieren. Das hat sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg wunderbar und ohne Wartezeiten funktioniert.
Der Start ist um 10 Uhr vormittags. Das Wetter war bislang jedes Mal eine Überraschung. Dieses Jahr wurde es ja zum Wochenende plötzlich überraschend warm, sodass der Lauf bei 25 Grad und Sonnenschein stattfand. 2022 fiel in der Nacht vor dem Lauf mindestens genauso überraschend jede Menge Neuschnee.
Die ersten 7 KM laufen alle auf Asphalt durch kleine Orte an der Weinstraße. Anschließend geht es in die Weinberge. Hier trennen sich auch ungefähr bei Kilometer 9 die Streckenabschnitte. Während die Marathonis weiter Richtung Süden bis nach Bad Dürkheim laufen, machen die Halbmarathonläufer eine Schleife und laufen einige Kilometer weiter durch die Weinberge. Es gibt hier allerdings glücklicherweise keine Steilhänge. Die Steigungen sind größtenteils recht moderat. Insgesamt muss man beim Halbmarathon ca. 240 Höhenmeter bewältigen. Auf die Marathonis warten sogar 500 Höhenmeter. Diese entstehen jedoch hauptsächlich, weil es eben mehr oder weniger permanent leicht bergauf und bergab geht. Einzelne, extreme Steigungen gibt es eigentlich nicht. Da sind einzelne Abschnitte beim alten Neanderthallauf oder beim Schweinelauf anstrengender.
Ab Kilometer 14 verlässt man die Weinberge wieder. Die restlichen 7 Kilometer läuft man dann auf der gleichen Strecke zurück, die man bereits zu Beginn gelaufen ist. Hier freut man sich dann langsam auch über jeden Meter, den es zwischendurch bergab geht. Der Streckenverlauf bleibt wellig. Entlang der Strecke sind ausreichend Versorgungsstationen aufgebaut, an denen es neben Wasser, Iso-Getränken, Apfelschorle, Cola, Bananen und Äpfeln auch … Riesling gibt. Der Pfälzer Wein darf hier nicht fehlen. Dank der vielen Höhenmeter tritt hier ohnehin niemand an, um seine persönliche Bestzeit zu unterbieten, da kann man auch zwischendurch einen Schluck Wein trinken. Die Veranstalter bezeichnen den Lauf selbst treffend als Genusslauf.
Meine persönliche Zeit verschweige ich hier einmal ganz bewusst. Sie ist auch nicht wichtig. Belassen wir es dabei: Ich war eine ganze Ecke langsamer als beim Halbmarathon in Venlo vor zwei Wochen. Das hatte im Wesentlichen drei Gründe:
- Im Gegensatz zu Venlo bin ich ganz alleine gelaufen. Wir kennen das alle: Wenn man gemeinsam läuft und sich gegenseitig antreibt, ist der innere Schweinehund noch etwas kleiner als wenn man alleine unterwegs ist.
- Die ca. 25 Grad waren doch ziemlich überraschend und so früh im Jahr sehr ungewohnt für mich. Angenehmer als Kälte, Wind und Nieselregen in Venlo, aber eben auch anstrengender.
- Ich glaube, die Berge in Holland sind dann doch nicht ganz so hoch, wie an der Weinstraße. Irgendwann spürt man die Höhenmeter jedenfalls deutlich in den Beinen.
Und möglicherweise habe ich auch ein, zwei Minuten verloren, als ich mich bei der letzten Wasserstelle an der Strecke mit zwei anderen Läufern bei einem kleinen Becher Wein unterhalten habe… Aber wie schon gesagt: Genusslauf. Persönliche Bestzeiten strebt man woanders an.
Jeder Läufer erhält übrigens auch eine Flasche Riesling, den verschiedene Winzer aus Bockenheim gemeinsam produzieren. Und die Medaille hat natürlich die Form einer Weinrebe. Ein sehr schönes Souvenir. Ob sich die ca. 250 km Anfahrt nur für den Lauf lohnen, muss natürlich jeder für sich selbst beantworten. Wer aber Freude am Laufen UND an gutem Wein hat, bekommt einiges geboten. Meine Frau und ich verbinden das Event immer mit ein paar Urlaubstagen. Laufen, an der Weinstraße wandern, die Kirschblüte, guten Wein kaufen, und auch die Pfälzer Küche hat einiges zu bieten. Saumagen klingt einigermaßen ekelig, schmeckt aber wunderbar. Da fällt es nicht schwer, ein schönes, langes Wochenende an der Weinstraße zu planen. Der Muskelkater ist mittlerweile verschwunden und den 12. April 2026 habe ich mir bereits im Kalender notiert. Dann findet der 14. Marathon Deutsche Weinstraße statt. Zum Wohl. Die Pfalz.
Anbei noch ein paar Bilder von der Veranstaltung.
Hallo Christian, das liest sich sehr schön. Toller Bericht von Dir mit schönen Fotos und Eindrücken. Anke und ich lieben die Pfalz ebenso, vielleicht kommen wir das nächste Mal mit, Gruß Spike
Hey Spike, das klingt doch nach einem Plan. Und wenn Du wirklich mitläufst, dann hat sich zumindest das Problem mit dem inneren Schweinehund direkt erledigt 😉
Hey, hab deinen Artikel jetzt, mir paar Tagen Verzug gelesen, klingt sehr interessant und unterhaltsam. Coole Nummer 👍